Weisheiten der Woche


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Unsere Lebenserwartung von Tom Hermes, 19. 6. 2006

Die Lebenserwartung der Menschen steigt an

Die Lebenserwartung der Menschen bei Geburt in der Schweiz hat im Laufe des 20. Jahrhunderts stark zugenommen. Die durchschnittliche Lebenserwartung in der Schweiz gehört heute zu den höchsten weltweit. Sie hat sich seit 1900 nahezu verdoppelt: von 46,2 auf 77,9 Jahre für die Männer und von 48,9 auf 83,0 Jahre für die Frauen. Die langfristige Entwicklung der Lebenserwartung lässt jedoch eine allmähliche Abschwächung dieses steten Anstiegs erkennen. Die Differenz zwischen den beiden Geschlechtern reduziert sich seit den 90er Jahren und betrug 2003 noch 5,1 Jahre.

In der Biologie ist die Lebenserwartung von Art zu Art sehr unterschiedlich: Baumarten wie die Grannenkiefer sollen über 4000 Jahre alt werden, bei Bartwürmern schätzt man bis zu 250 Jahre, Grönlandwale gelten mit über 200 Jahren als langlebigste Wirbeltiere.

Meist bezieht sich der Begriff "Lebenserwartung" auf die Anzahl der Jahre, die ein Mensch oder eine Gruppe von Menschen (Kohorte) eines bestimmten Alters voraussichtlich leben wird. Diese geschätzte Zahl beruht auf statistischen Extrapolationen und wird durch eine endliche Anzahl von Parametern beeinflusst, sie wird für jedes einzelne Alter angegeben und in so genannten Sterbetafeln (geschlechtergetrennt) zusammengefasst. Sie lässt deswegen kaum Rückschlüsse oder Voraussagen für eine bestimmte einzelne Person zu. Ausserdem ist die Lebenserwartung stark davon abhängig, wie die Bevölkerung insgesamt altersmässig strukturiert ist (stabile oder instabile Bevölkerung mit wechselnden Sterbe- und Geburtenraten in den einzelnen Altersklassen). So kann zum Beispiel die Lebenserwartung bei gleichbleibender Sterblichkeit älterer Bürger allein dadurch ansteigen, dass weniger Kinder geboren werden und dadurch der Anteil älterer Menschen ansteigt (wie zur Zeit in den meisten westeuropäischen Ländern).

Einige Parameter, welche die Lebenserwartung beeinflussen
• Hygiene
• Ernährung und Essgewohnheiten
• Medizinische Versorgung
• Mordrate und Kriminalität
• Intelligenz
• Suchtverhalten
• Krankheiten
• Besitz
• Risikofaktoren
• Beruf
• gesundheitsbewusstes Leben und körperliche Bewegung
• soziales Umfeld, Qualität von Wohnung und Arbeitsplatz, ausreichende Heizung, warme Kleidung

Lebenserwartung bei der Geburt 2001
Die Lebenserwartung ist im Laufe der Menschheitsgeschichte immer weiter gestiegen, seit etwa 1850 allerdings stark beschleunigt. Dies ist vor allem auf verbesserte Ernährung im Zuge der grünen Revolution und hygienische Bedingungen zurückzuführen. Noch immer steigt die Lebenserwartung in der Regel mit jedem Jahrgang um etwa drei Monate. (Quelle: Encarta Enzyklopädie 2002, Stichwort Lebenserwartung des Max-Planck-Instituts für demographische Forschung in Rostock)

Einige geschätzte historische Lebenserwartungen:
• Steinzeit, Nordafrika: 21 Jahre
• Römisches Reich: 22 Jahre
• männliche Grundbesitzer in England um 1200-1300: 30 bis 35 Jahre
• männliche Grundbesitzer in England während der Pest 1350-1400: 18 Jahre
• England und Wales (ganze Bevölkerung) 1451-1850: 29 bis 41 Jahre

Bedeutung
Die Lebenserwartung ist von Bedeutung für alle Arten von Vorsorgesystemen bei denen der Erlebensfall von Bedeutung ist ( z.B. Rentenversicherung). Neben der Bedeutung für Vorsorgesysteme hat eine steigende Lebenserwartung auch gesellschaftliche Auswirkungen.

Internationale Unterschiede

Die Lebenserwartung des Menschen ist von Land zu Land sehr unterschiedlich. Heute geborenen Japanern wird mit über 80 Jahren die höchste, Afghanen und Afrikanern mit unter 45 Jahren die niedrigste durchschnittliche Lebensspanne vorausgesagt. Bei der niedrigen Lebenserwartung in den Entwicklungsländern hat vor allem die hohe Säuglings- und Kindersterblichkeit einen starken statistischen Einfluss. Rechnet man diese heraus, so relativiert sich der Unterschied zwischen den entwickelten und unterentwickelten Ländern erheblich.

Differenz zwischen Frauen und Männern
Männer haben in der Schweiz eine um mehr als 6 Jahre kürzere Lebenserwartung als Frauen. Für einen im Jahr 2000 in Deutschland geborenen Jungen wurde die durchschnittliche Lebenserwartung auf 74,4 Jahre geschätzt, einem Mädchen wurden 80,6 Jahre vorausgesagt. Allerdings steigt die männliche Lebenserwartung mit einer etwas höheren Rate, so dass, vorausgesetzt man kann diesen Trend einfach extrapolieren, der Mann in ca. 60 Jahren mit der gleichen Lebenserwartung wie die Frau geboren würde. Diese Differenz dürfte nur zu einem geringen Teil auf biologische Ursachen zurückführbar sein. Genaue Forschungen zu diesem Thema stehen allerdings noch aus. Bekannt ist aber, dass die Mortalitätsrate bei Männern unter anderem durch folgende Faktoren erhöht ist:

• viermal häufiger Suizid,
• 12 mal häufiger tödliche Arbeitsunfälle
• wesentlich mehr Verkehrsunfälle
• bedeutend häufigere Arbeit in gesundheitsbelastenden Berufen.
• die Krankenkassen geben durchschnittlich für Frauen zwischen 14 und 60 Jahren doppelt so viel aus, wie für Männer des gleichen Alters (was allerdings wesentlich im Kontext von Geburten steht, die sich wiederum negativ auswirken)
• es gibt 10 mal so viel Informationsmaterial über die Krebsrisiken von Frauen wie für Männer - In Folge gehen doppelt so viele Frauen (etwa 35 %) zur Krebsvorsorge wie Männer (etwa 17 %). Ein wichtiger Faktor ist aber auch, dass die ohnehin gesünderen bzw. gesundheitsbewussteren Frauen zu Krebsvorsorge gehen.
• laut einer WHO-Studie werden Frauen, bei Schilderung gleicher Symptome, von medizinischem Personal eher für krank und hilfebedürftig gehalten, als Männer

Darüber hinaus sind Männer nicht nur erheblich risikobereiter, sie legen auch sonst ein wesentlich stärker selbstschädigendes Verhalten an den Tag. So nehmen sie mehr Alkohol und andere Drogen, haben schlechtere Ernährungsgewohnheiten und gehen seltener zum Arzt. All dies hat nach herrschender Ansicht psychosoziale Ursachen und nicht biologisch-genetische. Gegen biologische Ursachen spricht auch die Tatsache, dass noch Anfang des 20. Jahrhunderts Frauen nur ein halbes Jahr länger lebten und davor die Lebenserwartung annähernd gleich war.

Lange Zeit galt die geringere Lebenserwartung von Männern in den Publikationen von Feministinnen als Beweis für eine genetische Schwäche der Männer. Je mehr Frauen, ab den 70er Jahren, aber über längere Zeit vollzeitberufstätig waren und "männliche" Karrieren und Lebensläufe lebten, umso stärker stieg bei ihnen das Suchtverhalten und die stressbedingten Erkrankungen. So war bis vor einiger Zeit der Herzinfarkt eine reine Männerkrankheit. Deshalb wurde der weibliche Herzinfarkt nicht erforscht und oft auch nicht diagnostiziert, da er zum einen andere Symptome zeigt, zum anderen die Ärzte glaubten, Frauen seien dagegen gefeit.

Dieser Umstand macht die Lebenserwartung auch zu einem Thema für Maskulisten. Diese knüpfen daran die Forderung, die Ursachen für diese Diskrepanz genau zu erforschen, zu beschreiben und entsprechend zu bekämpfen. Jedenfalls müsse ein Problembewusstsein geweckt und die Differenz und ihre nur langsame Angleichung nicht als gleichsam gottgegeben hingenommen werden.