Weisheiten der Woche


Swissroller's kleine Wissensdatenbank (Woche für Woche schlauer werden...)

Der erste reichste Mann der Welt, rs, 14.2.2006

Der Milliardär Howard Hughes
Howard Hughes wurde am 24. Dezember 1905 geboren. Sein Vater Howard Hughes senior ist Jurist, Grundstücksmakler und Erfinder eines Bohrkopfes. Zum sechsten Geburtstag schenkte ihm sein Vater eine Werkstatt. Mit elf Jahren baute er sich ein Funkgerät. Mit 13 sollte er ein Motorrad bekommen, aber er wollte lieber eines selber basteln.
Seine Mutter hatte ihm während einer Cholera-Epidemie in seiner Kindheit eine panische Angst vor Bakterien vor Mikroben geschürt. Howard Hughes besuchte sieben verschiedene Schulen, machte aber keinen Abschluss. Mit 13 war er für mehrere Wochen gelähmt. Man vermutete Polio, aber das war es nicht. Dafür blieb die lebenslange Angst vor Viren und Bakterien.

1919 kam er auf ein Internat in Massachusetts, aber eine ordentliche Schule war nichts für ihn. Er lernte lieber fliegen. 1921 zog Familie Hughes nach Hollywood, und Howard durfte am California Institute of Technology Mathematik- und Ingenieur-Kurse belegen. 1923 starb seine Mutter bei einer Fehlgeburt, im Januar 1924, sein Vater. Er übernahm 75 Prozent der Firma seines Vaters. Er erbte die „Hughes-Tool-Company“. Ein Unternehmen mit der Lizenz zum Gelddrucken. Denn sein Vater hatte einen Bohrkopf entwickelt, auf den man beim Ölbohren nicht verzichten konnte. Die Hughes-Tool-Company erwirtschafte also Millionen und der junge Howard Hughes war abgesichert. Er gab das Management in erfahrene Hände ab. Denn er hatte anderes vor.

Hughes wollte lieber Drehen als Bohren. Er ging mit seinen Millionen in der Hinterhand nach Hollywood, um Filme zu machen. Vom 1927 bis 1957 war er als Prouzent bei über 20 Filmen dabei. Seiner erster Filme als Produzent war 1926 „Swell Hogan“. Angeblich kein Meilenstein der Filmgeschichte. Es folgen 1927 „Two Arabian Knights“ (Oscar als beste Komödie), 1928 „The Mating Call“ und 1930 sein Hauptwerk: „Hell's Angels“. Heute würde man vermuten es geht um Motorräder, damals waren die Höllenengel Flieger aus dem Ersten Weltkrieg.

Howard Hughes produzierte, schrieb das Script und führte Regie. „Hells Angels“ war der Start für Jean Harlow und war damals einer der teuersten Filme. Es wurden über 1'700 Statisten angeheuert, 80 Kampfflugzeuge aus dem Ersten Weltkrieg renoviert, neu gebaut und zu Schrott geflogen. Drei Piloten starben bei den Dreharbeiten, eine Todesszene wird im Film verwendet und Howard Hughs brach sich selbst beim Dreh den Kieferknochen.

Als der Film fertig war, war in der Zwischenzeit der Tonfilm erfunden worden. Die Dialogszenen mussten nach Howard Hughes Willen komplett neu gedreht und natürlich auch gesprochen wurden. Die Luftkampfszenen konnte man einfach nachvertonen. Für „Hells Angels“ wurden 1'000 km Film gedreht. Am Ende kostete der Film 4 Millionen Dollar. Das war 20 Mal mehr als damals üblich. Der Film ist von der Handlung her wohl eher schwach, aber die Luftkampfszenen machen das wohl alles wieder wett.

Seine ins Absurde gehende Angst vor Bakterien führte zu nicht rationalen Handlungen, die dem Bakterienproblem eigentlich nicht gerecht wurden. Er soll über fünfzig wenn nicht einhundert Affären gehabt haben. So hatte er Verhältnisse mit Katharine Hepburn, Bette Davis, Lana Turner, Ginger Rogers und Ava Gardner und vielen anderen. Er schätzte Debütantinnen, weil sie "besser im Bett" sind und ihre Blumen selbst kaufen". Später bevorzugte er geschiedene Frauen, die er wenig nett als "nasse Decks" bezeichnet.

In Burbank/Los Angeles entwickelte er eigene Flugzeuge und testete sie auch als Pilot. 1935 hatte seine H-1 Premiere. Es war das erste Flugzeug mit einklappbaren Fahrwerk. 1935 flog er auch den damaligen Geschwindigkeitsrekord von 567 km/h. 1938 schaffte er die schnellste Weltumrundung in dreieinhalb Tagen. 1939 übernahm Hughes die Fluglinie „Transcontinental and Western Airlines“ (TWA). Später passte er den Namen an die kleiner gewordene Welt an. „Transcontinental and Western“ wurde zu „Trans World Airlines“.

1942 plante Hughes den Bau riesiger Wasserflugzeuge um Soldaten nach Europa zu transportieren. Dadurch würde man die deutschen U-Boot-Angriffe auf Schiffe elegant umgehen. Glücklicherweise (generell betrachtet) war der Krieg schneller zu Ende als das erste riesige Flugboot fertig war. Die Hughes H-4 kennt man besser unter dem Namen „Spruce Goose“, weil sie aus Holz ist. Die H-4 flog nur einmal, quasi von der Werft ins Museum. Das immer noch grösste jemals gebaute Flugzeug ist eine Touristenattraktion im Evergreen Aviation Museum in Mac Minville im US-Bundesstaat Oregon.

Ein anderer Grund keine grossen Flugboote mehr zu bauen, war der technische Fortschritt. Vor und während des Zweiten Weltkriegs wurden mit den Strahltriebwerken ein leistungsfähigerer Flugzeugantrieb entwickelt. Überlegungen zu einem neuen Antrieb wurden schon länger angestellt, denn man hatte erkannt, dass mit Propellern nicht mehr als 800 km/h (und das mit Tricks) herauszuholen waren. Die Entwicklung dieser neuen Triebwerke wurden schon vor dem Zweiten Weltkrieg begonnen. In England arbeite Frank Whittle seit 1928 daran. Unabhängig davon begann 1935 Hans von Ohain in Deutschland mit Entwicklungen zu einem ähnlichen Antrieb.

Im August 1939 flog in Deutschland mit einer umgebauten Heinkel He 178 das erste Düsenflugzeug der Welt. 1941 flog in Grossbritannien das Versuchsflugzeug E 28/39 von Gloster Aircraft. 1942 flog dann die erste düsenstrahlgetriebene Messerschmidt Me 262 ihren Jungfernflug. Die Me 262 war 1944 das erste einsatzfähige Düsenflugzeug, welches auch noch im Krieg (wenn auch ohne entscheidende Auswirkungen) eingesetzt wurde.

Howard Hughes entwicklte nach dem Krieg weiter Flugzeuge und flog sie auch. 1946 hatte er mit der „Hughes XF“-11 einen schweren Unfall und erlitt schwere Verletzungen an Kopf und Rücken. Gegen die Schmerzen wurde er unter anderem mit Morphium behandelt. Davon wurde er schliesslich medikamenten- und morphiumabhängig. Da die Hughes Aircraft-Flugzeugprojekte zwei Jahre nach Kriegsende immer noch nicht fertig sind, kommt es zu einem Untersuchungsausschuss. Hughes kann die Anschuldigungen abwenden, aber eigentlich waren die Regierungsaufträge nur durch massive Einflussnahme zustande gekommen.

Nach dem Krieg beschloss Hughes, in die Luftfahrt- und Rüstungselektronik einzusteigen. Hughes Aircraft hatte zeitweise über 3'000 Physiker angestellt. Heute heisst die Firma „Raytheon“ und stellt Marschflugkörper, Raketen, Satelliten, Helikopter und Elektroniksysteme aller Art her. Das Flugabwehrsystem „Patriot“ stammt beispielsweise von Raytheon.

Hughes drehte 1941 auch den Western "The Outlaw" mit der damals 20 Jahre alten Jane Russell. Eigentlich ist es ein „Billy the Kid-Pat Garrett“-Film aber man kennt den Film vom Bild der im Heu liegenden Jane Russel. Und wegen des Geredes um den Spezial BH, den der Flugzeugkonstrukteur Howard Hughes für sie anfertigen liess. 1953 gründete Howard Hughes die Stiftung Howard Hughes Medical Institute, um Steuern zu sparen. Der Stiftung gehörte dann seine Flugzeug- und Technologieschmiede Hughes Aircraft.

1956 produzierte er den den Film "The Conqueror" in der Wüste Nevadas. Da die Dreharbeiten in dem von Atombomben verstrahlten Testgebieten stattfanden wird vermutet, dass 91 am Film beteiligte, darunter die Schauspieler John Wayne, Susan Hayward, Pedro Armendáriz, Agnes Moorehead, Thomas Gomez, und der Regisseur Dick Powell deswegen an Krebs erkrankten. Pedro Armendáriz drehte 1963, schon schwer krebskrank, den zweiten Bond Film „From Russia with Love“ und brachte sich danach um. Seine Drogenabhängigkeit in Kombination mit seiner Angst vor Bakterien führten aber zunehmend zu einer Persönlichkeitsveränderung mit paranoiden Wahnvorstellungen.

Hughes war schon immer ein Exzentriker. Er wechselte bis zu fünf Mal am Tag die Kleidung, Tomatenscheiben dürften nicht dicker als einen halben Zentimeter sein. Aus Furcht vor Bakterien gab er Fremden nicht die Hand. Er wartete jeweils bis andere für ihn Toilettentüren öffnen. Er hatte Angst vor telefonischer Bakterienübertragung. Um seinen 52. Geburtstag herum wohnte er fünf Monate in einem verlassenen Kinosaal. Er schaute Filme und putzte vier Stunden aus Angst vor Bakterien den Telefonhörer. Damit seine Diener die Toilette nicht verseuchten, mussten sie leere Milchkartons benutzen. Wieder in Beverly Hills, liess Hughes die Fenster verdunkeln. Hughes zog sich immer mehr zurück.

Da er immer schwerer erreichbar war, konnten sich er und das Management seiner Fluggesellschaft TWA nicht über die Finanzierung von neuen Düsenflugzeuge einigen. Am Ende verklagte das Management seinen eigenen Besitzer. 1958 hatte sich Howard Hughes völlig aus der Öffentlichkeit zurückgezogen und erschien auch nicht mehr zu Gerichtsterminen. 1966 verkaufte er die TWA für 546 Millionen Dollar. Das Wirtschaftsmagazin Fortune schätzte, dass er mit 1,4 Milliarden Dollar der reichste Mann der Welt war.

Hughes war also der erste Dollar-Milliardär. Er wohnte im Hotel Desert Inn in Las Vegas in den teuersten Suiten. Da das den Geschaftsbetrieb blockierte wollte das Hotel-Management ihn zum Umziehen bewegen. Er fragte daraufhin, was das Hotel denn koste. Und die Antwort „14 Millionen Dollar“ führte dazu, dass er das Hotel einfach kaufte. Frisch in Las Vegas kaufte er Casinos, Ländereien, einen Fernsehsender und lokale Politiker, da er ansonsten Probleme mit dem Kartellrecht Nevadas bekommen hätte.

Bis zu seinem Tod lebte er in völliger Abgeschiedenheit in verdunkelten Hotelzimmern. Anweisungen schrieb er auf gelbe Zettel, die er Dienern am Telefon vorlas. Dieses abgeschiedene Leben war vermutlich Vorlage für die Rolle des Willard Whyte im James Bond-Film „Diamantenfieber“ von 1971. Im Film lebt der Millionär Willard Whyte in einem Hotel in Las Vegas und leitet von dort aus sein Unternehmen. Da er seinen Konzern fernsteuerte, konnte der Standardbondsuperschurke Blofeld das für seine Pläne ausnutzen.

Hughes hatte als einer der grössten Rüstungsunternehmer überall seine Lobbyisten und bedachte Demokraten wie Republikaner mit Spenden. Seit 1946 unterstützte Howard Hughes den Republikaner Richard Nixon. Richard Nixon war Vizepäsident unter Eisenhower und trat 1960 im Wahlkampf gegen Kennedy an. Kurz vor den Wahlen kam heraus, dass Nixons Bruder einen ungedeckten Kredit von Hughes bekommen hatte. Nixon verlor die Wahl aber die Niederlage wurde eher seinem suboptimalen Auftritt im Fernsehduell gegen Kennedy angelastet. 1969 wurde Nixon dann doch Präsident und Howard Hughes bedachte ihn mit einer Spende von 100'000 Dollar. Nixon wies die Spende nicht aus, das Geld blieb versteckt und wurde vermutlich zum Teil für die Renovierung von Nixons Privathaus verwendet. 1972 im Präsidentschaftswahlkampf vermutete Nixon, dass die Demokraten Unterlagen über die Hughes-Spende besitzen und selber von Hughes „gekauft“ wurden.

Um das und anderes „aufzuklären“ und um eine defekte Abhörwanze auszutauschen, brechen Handlanger der Republikaner in der Nacht des 17. Juni 1972 in die Wahlkampfzentrale der Demokraten im Watergate-Hotel ein. Dummerweise (für Nixon) wurden die Einbrecher vom Wachdienst erwischt. Am Ende wurde dieser Einbruch zum grössten Politskandal der amerikanischen Geschichte, da noch viel mehr über Nixons Machenschaften herauskommt. Am Ende tritt Richard Nixon als Präsident zurück, um einer Amtsenthebung durch den Kongress zuvorzukommen.

Der inzwischen geistesgestörte Hughes hatte am Ende nur noch einen kleinen Stab um sich herum, der sich an bestimmte Rituale halten musste. So mussten beispielsweise sieben Mormonen jeden Gegenstand, den er anfasste, mit Papiertüchern abdecken. Die Diener nutzen die Situation aber auch aus. Sie sichern sich ihre Gehälter und kontrollieren seine Bankkonten. Für 150 Millionen Dollar verkauft der von seinen Domestiken eigentlich verratenen Hughes sogar die „HughesTool Company“. Die Firme erwirtschaft innerhalb von fünf Jahren locker ihren Verkaufspreis.

Am Ende lagen überall zerknüllte Papiertücher und alte Zeitungen herum. Howard Hughes war abgemagert, sein Körper übersät mit Eiterungen, seine Zähne und Zahnfleisch waren kaputt, sein Haar nicht mehr geschnitten, ebenso die Fuss- und Fingernägel. Konsequenterweise wusch Hughes sich auch nicht mehr. Angeblich hatte er sich am Ende nur noch von Eiscreme ernährt.

Howard Hughes starb am 5. April 1976 in einem Flugzeug im Luftraum zwischen Acapulco und Houston. Das FBI konnte Howard Hughes nur anhand der Fingerabdrücke identifizieren.
Die Obduktion ergab Nierenversagen. Hughes sah aus wie ein Verwahrloster. Er trug nur noch Windeln und wog nicht mehr 50 kg, bei einer Grösse von knapp über 1,80 m. Der Codein-Spiegel im Serum der Verstorbenen war viel zu hoch. Und in den Armen steckten mehr als ein halbes Dutzend intra- oder paravenös liegende, abgebrochene Kanülenspitzen.

Es wurde eine tertiäre Syphilis festgestellt, die er sich wohl in den 30er Jahren eingefangen hat. Eine der Folgen können Hirnschäden sein. Der Gesteszustand und die Verwahrlosung ist somit vermutlich ein Symptom der Syphilis. Mit heutigem Wissen würde man bei Howard Hughes zudem eine „Obsessive Compulsive Disorder“ (OCD) diagnostizieren. Typische wäre dabei beispielsweise Angst vor Vergiftungen, Zwänge wie ständiges Waschen, Organisieren und Hamstern.

Hughes hinterliess ein Vermögen von rund zwei Milliarden Dollar. Ohne direkten Erben teilen sich nach sieben Jahren Erbschaftskrieg 22 Verwandte das Vermögen. Hughes Aircraft wurde 1985 an General Motors verkauft und fusioniert dann mit dem Rüstungskonzern Raytheon. Die Tool Company fusionierte1987 zur Baker Hughes Corporation. Das „Howard Hughes Medical Institute“ gibt es heute noch (www.hhmi.org) und man schätzt das Stiftungsvermögen auf zwölf Milliarden Dollar.